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Mit Gesprächen die Bereitschaft zur Organspende erhöhen

Ausgabe Nr. 122
Okt. 2018
Kommunikation im Gesundheitswesen

Spendermangel. Die Kampagne «Rede über Organspende» des Bundesamtes für Gesundheit sensibilisiert die Schweizer Bevölkerung für das Thema Organspende. Sie soll anregen, über das Thema nachzudenken und darüber zu sprechen.

Im Jahr 2017 konnten Organe von 145 verstorbenen Personen transplantiert werden – so viele wie nie zuvor. Nach einem vorübergehenden Tief im Jahr 2016 setzte sich damit der positive Trend der vergangenen Jahre fort: Die Spendezahl pro Million Einwohnerinnen und Einwohner ist von 14,4 im Jahr 2014 auf 17,2 im Jahr 2017 gestiegen. Dennoch warteten Ende 2017 immer noch 1478 Personen auf ein Organ.

Weiterführung der Organspende-Kampagne

Das Bundesamt für Gesundheit führt seit 2007 massenmediale Organspende-Kampagnen durch. Die strategische Ausrichtung der Kampagnen wurde in dieser Zeit stets angepasst und weiterentwickelt, um den gesellschaftspolitischen Gegebenheiten und dem gesellschaftlichen Wandel gerecht zu werden. Die aktuelle Organspende-Kampagne «Rede über Organspende» sensibilisiert die Bevölkerung für das Thema. Sie regt an, über das Thema nachzudenken und zu sprechen, sie vermittelt Wissen und schliesst Informationslücken. Die Kampagne ist als massenmediale und crossmediale Kampagne konzipiert. Sie wird zusammen mit den wichtigsten Partnern im Organspendebereich (Swisstransplant und Comité National du Don d’Organes) in den drei Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch umgesetzt. Aufgrund der 2015 vom BAG durchgeführten Situationsanalyse wurden Personen, die weder mit ihren Angehörigen geredet haben noch eine Spendekarte besitzen, als Fokuszielgruppen definiert. Diese Zielgruppen umfassen insbesondere die Altersgruppen der 15–24-Jährigen sowie der über 50-Jährigen.

Das BAG hat Informationsmaterial erarbeitet, das Privatpersonen, Partnern der Kampagne und anderen interessierten Kreisen wie Arztpraxen, Apotheken oder Drogerien zur Verfügung steht. Informationsbroschüren, Plakate und anderes Material kann heruntergeladen oder kostenlos via Kampagnen-Webshop bezogen werden. Über TV-Spots wird die gesamte Bevölkerung erreicht und für das Thema Organspende sensibilisiert. Punktuell wird dies mit Print anzeigen gestärkt.

Über die Online-und Social-Media-Verbreitung von Spots, Videos, Informationsfilmen und Bildern werden viele weitere Hintergrund- und Begleitinformationen verbreitet, um mit den Hauptbotschaften «Leben ist teilen» und «Rede über Organspende» die Zielgruppen zu erreichen. Die Kampagne soll eine Bewegung auslösen, die sich mit den Jahren verstärkt. Sämtliche Massnahmen sorgen für den viralen Effekt bzw. Gesprächsstoff in Social Media sowie Printmedien und laufen auf der zentralen  Website leben-ist-teilen.ch  zusammen. Public-Relations-Massnahmen, Medienkooperationen und Partnerschaften unterstützen die Bekanntheit der Kampagne.

Verlängerung des Aktionsplans bis 2021

Mit der Lancierung des Aktionsplans im Jahr 2013 hat der Bundesrat auf den Organmangel in der Schweiz reagiert. Ziel ist es, die Spenderate zu erhöhen. Da eine transparente und offene Information der Bevölkerung eine wichtige Voraussetzung für einen Entscheid und für das Festhalten des Willens darstellt, wurde die Bevölkerungskampagne als wichtige Massnahme darin integriert. Die Verbesserungsmassnahmen des Plans sind erfolgreich, brauchen aber noch mehr Zeit, um vollumfänglich zu wirken. Deshalb wurde der Aktionsplan bis 2021 verlängert.

Diskrepanz zwischen Spendebereitschaft und Spendeentscheid

Umfragen zeigen, dass eine grosse Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer der Organspende positiv gegenüber steht. Nur etwa die Hälfte hat jedoch die Angehörigen über ihren Willen informiert und in der Praxis tragen nur die wenigsten möglichen Spenderinnen und Spender eine Organspende-Karte auf sich. 

Woher kommt diese Diskrepanz? Warum mündet eine grundsätzlich positive Haltung nicht immer in ein offen ausgesprochenes Ja zu einer Spende? Die Spendebereitschaft wird durch kulturelle und religiöse Werte, den Lebensstil, die bisherige Lebenserfahrung und das soziale Umfeld geprägt. Die Beschäftigung mit dem eigenen Tod und dem der nächsten Angehörigen ist in der Regel mit Unsicherheiten, Ängsten, Trauer und Schmerz verbunden oder – für jüngere Menschen – nicht relevant. Teile der Bevölkerung stufen das Thema als privat ein und sprechen deshalb selbst mit Angehörigen kaum darüber. Die häufigste Barriere für eine Willensäusserung ist jedoch die fehlende Betroffenheit: Der Entscheid wird aufgeschoben, weil für den Einzelnen und die Einzelne keine unmittelbare Notwendigkeit besteht. Im Fokus der aktuellen Organspende-Kampagne steht denn auch nicht die Überzeugungsarbeit, da die Bevölkerung grundsätzlich positiv gegenüber Organspenden eingestellt ist. Vielmehr dreht sich alles um den Dialog: Menschen sollen motiviert werden, über Organspende zu reden und ihren Willen zu äussern. Weil Gespräche mit anderen Personen der häufigste Auslöser für eine Entscheidung sind, erhalten konkrete Handlungsaufforderungen zu Gesprächen eine zentrale Bedeutung in der Kampagne. Nebst den Angehörigen können auch Hausärzte, Apotheker und andere Gesundheitsfachleute als Ansprechpersonen dienen.

Und warum soll man das Gespräch suchen? Heute müssen Angehörige oft stellvertretend entscheiden, ohne den Willen der verstorbenen Person zu kennen – dies in einer ohnehin sehr schwierigen Situation. Und die Erfahrung zeigt: In diesem Moment sind die trauernden Angehörigen mit der Entscheidung häufig überfordert. Ist der Wille der verstorbenen Person nicht bekannt, wählen sie aus Unsicherheit oft den einfacheren Weg und lehnen eine Spende ab. Wer mit seinen Angehörigen über Organspende redet, entlastet diese also möglicherweise von einer schwierigen Entscheidung.

Wer sich für eine Spende entscheidet, kann überdies das Leben schwer kranker Menschen retten oder zumindest verbessern.

Links

Kontakt

Cinzia Pastore Ferrari, Sektion Gesundheitsinformation und Kampagnen, 

 

Christa Käser, Sektion Transplantation und Fortpflanzungsmedizin, 

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